Robert Klatt
Hitzewellen sind eine ernste Bedrohung für die Gesundheit des Menschen in Deutschland. Durch Anpassungen an die hohen Temperaturen sinkt der Einfluss auf die Mortalität jedoch.
Berlin (Deutschland). In Deutschland und anderen klimatisch gemäßigten Regionen Europa wird es in den kommenden Jahren immer häufiger zu Hitzewellen und Rekordtemperaturen kommen. Klimaprognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gehen davon aus, dass in der Bundesrepublik schon im Jahr 2028 im Sommer die Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius zunehmen könnte. Eine im Ärzteblatt publizierte Studie von Wissenschaftlern Robert Koch-Instituts (RKI), des Umweltbundesamts (UBA) und des DWD offenbart nun, dass die bereits die aktuellen Temperaturen eine starke Bedrohung für die Menschen in Deutschland sind.
Demnach kam es in den Jahren 2018, 2019 und 2020 jeweils zu Tausenden hitzebedingten Todesfällen in Deutschland. Es handelt sich dabei seit Beginn des Untersuchungszeitraums im Jahr 1992 um die ersten drei aufeinanderfolgenden Jahre, in denen es durch Hitzewellen zu einer Übersterblichkeit gekommen ist.
„Im Vergleich der letzten drei Dekaden beobachten wir insgesamt einen leichten Rückgang des Effekts von hohen Temperaturen auf die Mortalität“, erklären die Autoren. Die Daten aus den Jahren 2018 bis 2020 zeigen jedoch deutlich, dass Hitzeereignisse für die Gesundheit der Menschen weiterhin eine bedeutende Bedrohung darstellen, obwohl bereits gewisse Anpassung an die Temperaturen stattgefunden haben.
Durch hohe Temperaturen wird vor allem das Herz-Kreislauf-System stark belastet. Zudem werden bereits bestehende Beschwerden, wie zum Beispiel Atemwegserkrankungen, verstärkt. Wie eine Studie der Pennsylvania State University kürzlich zeigte, ist die Hitzetoleranz des Menschen geringer als angenommen wurde. Es ist demnach wahrscheinlich, dass der Klimawandel in den kommenden Jahren vermehrt zu Gesundheitsproblemen führen wird.
In Deutschland wird Hitze bisher nur selten als direkte Todesursache erfasst. Die Forscher nutzten für ihre Studie deshalb statistische Verfahren. Als Basis dienten Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zur Gesamtmortalität in den Jahren 1992 bis 2021 sowie offizielle Bevölkerungsstatistik des Destatis von 1992 bis 2020 und die Bevölkerungsprojektion für 2021 und Temperaturdaten des DWD, die in mit 52 Stationen des Bodenmessnetzes stündlich erfasst wurden.
Am stärksten war der Effekt der Hitzewellen im Jahr 2018, im zweitwärmsten Sommer seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881. „Insbesondere das Jahr 2018 liegt mit einer geschätzten Anzahl von etwa 8700 hitzebedingten Sterbefällen in einer ähnlichen Größenordnung wie die historischen Hitzejahre 1994 und 2003 (jeweils rund 10.000 Sterbefälle)“, erklären die Autoren.
Im Jahr 2019 starben an hohen Temperaturen laut der Studie in Deutschland 6.900 Menschen, im Jahr 2020 3.700. Eine signifikant erhöhte hitzebedingte Sterblichkeit für das Jahr 2021 konnte nicht ermittelt werden.
Der Einfluss der hohen Temperaturen auf die Mortalität ist seit 1992 leicht gesunken. Dies deutet auf Anpassung an die Hitze hin. „Denkbar sind zum Beispiel individuelle Verhaltensänderungen durch stärkere Sensibilisierung, wie etwa luftige Kleidung tragen, ausreichende Flüssigkeitszufuhr oder schattige oder klimatisierter Räume aufsuchen“, erklären die Autoren. Die Jahre 2018 bis 2022 zeigen jedoch deutlich, dass „Hitzeereignisse weiterhin eine ernstzunehmende Bedrohung für die Gesundheit der Menschen in Deutschland sind“.
Ärzteblatt, doi: 10.3238/arztebl.m2022.0202