Robert Klatt
Die CO₂-Konzentration der Erdatmosphäre nimmt stetig zu. Ein renommierter Klimaforscher empfiehlt deshalb, das Gas mit großen „Staubsaugern“ zu filtern und in der Erde einzulagern, um die Erderwärmung zu bremsen.
Potsdam (Deutschland). Die CO₂-Konzentration der Erdatmosphäre nimmt durch menschliche Aktivitäten derzeit schneller zu als in den letzten 50.000 Jahren und beschleunigt den Klimawandel. Das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens scheint deshalb inzwischen unerreichbar zu sein. Ottmar Edenhofer, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), hat sich deshalb dafür ausgesprochen, die Erde in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts künstlich abzukühlen.
„Es gibt die Chance, den Trend der Erderhitzung umzukehren, indem wir - zusätzlich zur schnellen Emissionsminderung in Richtung null - auch auf CO₂-Entnahme aus der Atmosphäre setzen.“
Laut Edenhofer könnte die Erderwärmung gebremst oder sogar umgekehrt werden, wenn Länder große Direct Air Capture (DAC) Systeme installieren. Es handelt sich dabei um eine Art „Staubsauger“, der CO₂ aus der Atmosphäre filtert. Anschließend kann das Gas gespeichert werden. Als mögliche Speicherorte kommen unter anderem große Offshore-Vulkane infrage, die die CO₂-Emissionen ganzen Länder aufnehmen können.
„Es gibt auch andere Möglichkeiten, etwa den Anbau schnell wachsender Biomasse zum Verfeuern mit CO₂-Abscheidung oder das Ausbringen zerkleinerter Mineralien auf Böden zur beschleunigten Verwitterung.“
Angesichts des Klimawandels, dessen Folgen auch in Deutschland bereits zu spüren sind, spricht sich Edenhofer dafür aus, dass die westlichen Industriestaaten, die hauptverantwortlich für die historischen CO₂-Emissionen sind, hohe Investitionen in die CO₂-Entnahme und Speicherung tätigen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat bereits angekündigt, entsprechende Maßnahmen zu fördern.
„Wir können den europäischen Emissionshandel durch einen Handel mit Zertifikaten für die CO2-Entnahme und -Speicherung ergänzen. Ich sehe die Industriestaaten hier auch in einer moralischen Pflicht. Unsere Emissionen aus der Vergangenheit haben der Welt die Klimaprobleme eingebrockt, und die Schäden sind im globalen Süden am gravierendsten.“
Laut dem renommierten Klimaforscher kann die Erderwärmung jedoch nur gestoppt werden, wenn nehmen dem Ausbau von Direct Air Capture (DAC) Systemen auch in das Ende von neuen CO₂-Emissionen investiert wird. Sollten entsprechende Maßnahmen ausbleiben, werden laut Edenhofer zunehmend größere Regionen der Erde durch zu hohe Temperaturen lebensfeindlich.
„Gelingt das nicht, und schaffen wir es auch nicht, der Atmosphäre in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewaltige Mengen an CO₂ zu entziehen, dann werden wir uns mit einer in weiten Regionen menschenfeindlichen Erde arrangieren müssen.“
Zudem erklärt Edenhofer, dass das aktuelle Tempo der Politik nicht annährend ausreicht, um die Erderwärmung zu begrenzen. Sollten nicht zeitnah entsprechende Maßnahmen beschlossen werden, ist eine Erwärmung von rund drei Grad Celsius bis zum Jahr 2100 realistisch. Zu ähnlichen Prognosen kamen auch Forscher anderer Institute.
„Ohne eine ambitioniertere Klimapolitik steuert die Welt auf eine Erwärmung von rund drei Grad bis Ende des Jahrhunderts zu. Die Folgen - auch für Europa - wären einfach fatal. Daran lässt der Wissensstand keinen Zweifel mehr zu.“