Robert Klatt
Der Klimawandel beschleunigt den antarktischen Zirkumpolarstrom (ACC). Dies könnte das lokale Klima und die Meeresökosysteme beeinflussen.
La Jolla (U.S.A.). Der antarktische Zirkumpolarstrom (ACC) transportiert bis zu 150 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Als einzige Meereszirkulation umrundet der ACC den gesamten Global. Er spielt deshalb eine zentrale Rolle für das Klima der Erde, weil er eine natürliche Grenze zwischen dem wärmeren Süden und den kalten Meeresgebieten der Antarktis bildet.
Bisher galt der Zirkumpolarstrom als weitgehend unempfindlich gegenüber dem Klimawandel. Eine Studie von Wissenschaftler der University of California San Diego zeigt nun, dass der antarktische Zirkumpolarstrom nicht so stabil ist wie erwartet und durch den Klimawandel beschleunigt wird.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Climate Change analysierte das Team um Jia-Rui Shi dazu die bisher umfangreichste Messreihe zum Zirkumpolarstrom. Sie nutzten unter anderem Satellitenmessungen, die seit 1993 erhoben werden und kombinierten diese mit Daten von Messbojen, die den antarktischen Zirkumpolarstrom seit 2005 beobachten.
Beide Messmethoden zeigen eine signifikante Beschleunigung der Ringströmung. „Diese Beschleunigung konzentriert sich im Bereich von 48 bis 58 Grad südlicher Breite“, erklären die Autoren. Extrapoliert man die lineare Entwicklung der letzten 27 Jahre, zeigt sich ein Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit um 0,74 Zentimeter pro Sekunde innerhalb eines Jahrhunderts.
Dabei bemerkten die Wissenschaftler jedoch regionale Unterschiede. Am höchsten war die Beschleunigung im pazifischen Bereich und dem östlichen indischen Ozean. In der Drake-Passage südlich von Südamerika gab es hingegen kaum Veränderungen. Weil dort auch die meisten früheren Messungen erfolgten, ist zu erklären, wieso die Wissenschaft bisher keine Beschleunigung feststellen konnte.
Laut der Studie wird die Beschleunigung des ACC durch die Erwärmung des Südozeans ausgelöst. „Sowohl aus den Beobachtungen wie aus Modellen geht hervor, dass der Wärmegradient die tragende Rolle für diese Beschleunigung spielt“, erklärt Shi. Wie die Messdaten zeigen, hat der Klimawandel die oberen Wasserschichten des Südozeans überproportional stark aufgewärmt.
Dies hat den Bereich im Norden des Ringstroms aufgeheizt. Südlich davon dominieren noch immer die kühleren Auftriebszonen. Die Temperaturunterschiede der Regionen um den Ringstrom sind demnach deutlich gestiegen. „Das Aufstauen von Wärme nördlich des Zirkumpolarstroms ist die wahrscheinlichste Ursache für die beobachtete Beschleunigung der Strömung“, konstatieren die Autoren.
Diese Entwicklung wird laut den Wissenschaftlern weiter anhalten und sich womöglich sogar noch verstärken, solange die Meere nördlich der Ringströmung sich weiter aufheizen. Die starke Beschleunigung könnte das regionale Klima und die Meeresökosysteme beeinflussen. „Die Beschleunigung des Zirkumpolarstroms erleichtert den Austausch von Faktoren wie Wärme oder Kohlenstoff zwischen den verschiedenen Meeresbecken“, erklärt Shi.
Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-021-01212-5