Robert Klatt
Die Gletscher schmelzen durch den Klimawandel rapide ab. Dadurch werden unbekannte Viren und Bakterien freigesetzt, die neue Pandemien auslösen könnten.
Ottawa (Kanada). Die Gletscher der Erde schmelzen durch den Klimawandel immer schneller. In den kommenden Jahrzehnten wird dies weitreichende Folgen für die Höhe des Meeresspiegels, die Trinkwasserversorgung und die globale klimatische Balance haben. Eine Studie der University of Ottawa offenbart nun einen weiteren Effekt des Klimawandels, den die Wissenschaft in Zusammenhang mit schmelzenden Gletschern bisher kaum untersucht hat.
Das Abschmelzen der Gletscher führt laut dem Team um Stéphane Aris-Brosou dazu, dass Bakterien und Viren noch mehreren tausend Jahren im Eis freigesetzt werden. Die Bakterien und Viren könnten dann Tiere infizieren und anschließend auf den Menschen überspringen. Im schlimmsten Fall könnte es dadurch zu einer neuen Pandemie kommen.
Laut der Publikation im Fachmagazin Proceeding of the Royal Society B haben die Forscher aus dem arktischen Süßwassersee Lake Hazen Proben entnommen und die darin enthaltenen RNA und DNA analysiert. Sie wollten so besser verstehen, welche Risiken von den im ewigen Eis eingeschlossenen Viren und Bakterien ausgehen.
Konkrete Ergebnisse liefert die Studie nicht. Sie zeigt jedoch klar, dass Tiere sich in der Nähe von Gletscherseen mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit mit unbekannten Krankheitserregern infizieren als an anderen Orten. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, welche Viren und Bakterien in den Proben enthalten waren.
Die Autoren erklären zudem, dass die schmelzenden Gletscher und die globale Erwärmung weitere Begleiterscheinungen und Wechselwirkungen auslösen werden, die sich kaum prognostizieren lassen. Als Beispiel nennen sie Tiere, die durch die höheren Temperaturen weiter in den Norden und in höhere Regen ziehen werden. In ihren neuen Lebensräumen kommen die Tiere dann mit anderen Arten und Krankheitserregern in Kontakt. Weil beim dadurch entstehenden Risiko derart viele Variablen eine Rolle spielen, ist eine Prognose der Auswirkungen kaum möglich.
Proceeding of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2022.1073