D. Lenz
Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine direkte Folge der globalen Erderwärmung. Nun fanden Forscher heraus, dass der Meeresspiegel deutlich schneller ansteigt, als vom Weltklimarat IPCC vorhergesagt. Demnach steigt der Meeresspiegel jährlich um 3,2 Millimeter, statt den vorhergesagten zwei Millimeter.
Potsdam (Deutschland). Ein internationales Forscherteam des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat bei Untersuchungen festgestellt, dass der Meeresspiegel um rund 60 Prozent schneller ansteigt, als es die Experten vom Weltklimarat IPCC vorhergesagt haben. Leiter der Forschungsgruppe Stefan Rahmstorf und seine Kollegen berichten in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters ausführlich über das neu gesammelte Wissen über den weltweiten Anstieg des Meeres.
Der Weltklimarat IPCC stellt immer wieder Prognosen für die zukünftigen Messwerte und Auswirkungen des Klimawandels auf. So lagen die Experten, welche vor rund fünf Jahren Angaben zur Kohlendioxid-Konzentration der Atmosphäre machten, mit ihren Berechnungen richtig. Jedoch steigt der Meeresspiegel 60 Prozent schneller, als es die Experten vorausberechnet haben. Diese realen Messwertezeigen, dass die Auswirkungen auf den Klimawandel unterschätzt wurden. Als Folge der neu gewonnenen Daten besteht schon wesentlich früher eine Gefahr für Küstenregionen durch Überschwemmungen und Hochwasser.
Rahmstorf äußert sich in seinem Bericht: "Diese Studie belegt erneut, dass das IPCC weit davon entfernt ist, die Lage zu dramatisieren, sondern im Gegenteil den Klimawandel eher unterschätzt." Nicht nur der Anstieg des Meeresspiegels wurde laut Rahmstorf unterschätzt, ebenso das Auftreten globaler Wetterextreme sowie die Eisschmelze in der Arktis und Antarktis. "Die Prognosen des Weltklimarat IPCC sind oftmals Grundlage wichtiger politischer Entscheidungen in Sachen Klimaschutz. Um so wichtiger sei es nun, dass die Prognosen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden", so Rahmstorf.
Laut Berechnungen, auf Grundlage der neuen Messdaten, könnte der Anstieg des Meeresspiegels noch in diesem Jahrhundert bis zu neun Millimeter pro Jahr betragen. Dafür reiche bereits ein Anstieg der Durchschnittstemperatur von lediglich 1,6 Grad Celsius. Viele Forscher fürchten, dass der Temperaturanstieg von 1,6 Grad Celsius wesentlich schneller passiert, als aktuelle Berechnungen zeigen.
Als Grundlage der Studie griffen die Forscher auf verschiedenste Messdaten der letzten 20 Jahre zurück. Anhand fünf unterschiedlicher Messreihen ermittelten sie Boden- und Meerestemperaturen sowie weltweite Daten aus Pegelstationen und ab 1993 auch die Messungen von Satelliten, deren einzige Aufgabe es ist, exakte Werte über den Meeresanstieg zu sammeln. Nachdem die Forscher alle Daten zusammengetragen haben, rechneten sie kurzzeitige Klimaschwankungen, beispielsweise das El Nino-Phänomen, Variationen der Sonnenaktivität und Vulkanausbrüche aus ihren Daten heraus. Diese Daten verglichen sie nun mit den Prognosen des Weltklimarat IPCC und erstellten mit den korrigierten Daten Hochrechnungen für die Zukunft.
Mit dem Wissen über die neuen Klimawerte, erstellten die Forscher eine korrigierte Prognosen bis zum Jahr 2100. Demnach steigt die durchschnittliche Temperatur auf der Erde pro Dekade um 0,16 Grad Celsius, was auch den Prognosen des Weltklimarat IPCC entspricht. Korrekturen gab es beim Anstieg des Meeresspiegels. Der Weltklimarat IPCC diagnostizierte für 2012 einen Anstieg des Meeresspiegels um zwei Millimeter unter dem schlimmsten Klima-Szenario. Dieser Wert wurde um 60 Prozent übertroffen. Die Forscher errechneten einen Anstieg des Meeres um 37 bis 60 Zentimetern bis zum Ende des 21. Jahrhunderts.
Diese neue Prognose ist Katastrophe für kleine Inselstaaten und flache Küstenregionen vieler Länder.