D. Lenz
Als Folge des Klimawandels steigt das Risiko von Überschwemmungen stark an. Auch Deutschland zählt, neben vielen anderen Regionen auf der Erde, mit zu den besonders gefährdeten Hochwassergebieten.
Potsdam (Deutschland). Nicht nur in Deutschland ist das Hochwasser, dass nach den Wintermonaten regelmäßig die Flüsse zum Überlaufen bringt, ein immer größer werdendes Problem. Auch andere Länder leiden regelmäßig unter den Folgen immer extremer Hochwasser. Neben Toten und Verletzten sind auch immense finanzielle Schäden und Verschmutzungen der Umwelt, beispielsweise durch beschädigte Heizöltanks, die Folge. Forscher warnen nun, dass die nächsten Jahre nicht besser werden – im Gegenteil. Sie fordern die betroffenen Regionen zum schnellen Handeln auf.
Klimaforscher auf der ganzen Welt diskutieren schon seit längerem, welche Folgen der Klimawandel auf die Hochwasser von Flüssen haben. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat nun dazu eine umfangreiche und detaillierte Untersuchung angestellt und die Ergebnisse im Fachjournal Science veröffentlicht. Die Auswertung der aktuellen Daten sind schockierend: Das Risiko starker Überschwemmungen an Flüssen wird sich an vielen Orten stark erhöhen.
Die Studie der Forscher basiert auf einer umfangreichen und komplexen Computersimulation, bei denen unter anderem Daten zu Flüssen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen wurden. Auch die Veränderungen von Niederschlägen und deren Auswirkungen auf die Flusspegel wurden bei dem Klimamodell berücksichtig. So konnten die Forscher aufzeigen, in welchen Regionen der Hochwasserschutz bis zum Jahr 2040 massiv ausgebaut werden muss. Das Klimamodell besitzt eine etwa zehnmal höhere räumliche Auflösung als vergleichbare Simulationen. Somit können die Forscher die Folgen der Hochwasser nicht nur auf einzelne Regionen vorhersagen, sondern sogar für einzelne Städte.
Am stärksten werden die USA, aber auch Teile Indiens und Afrikas, sowie Indonesien und Mitteleuropa – einschließlich Deutschland - von den klimabedingten Hochwassern betroffen sein. Die Forscher warnen, dass ohne Gegenmaßnahmen Millionen Menschen von schweren Überschwemmungen bedroht sein werden und die hochwasserbedingten Umweltschäden ein neues Höchstmaß erreichen werden.
Die Umweltschäden gehören zu den nicht so offensichtlichen Folgen eines Hochwassers. Beschädigte Tankstellen, hunderte Tanks aus denen Heizöl in das Flusswasser läuft sind nur einige der Umweltschäden, die eine Überschwemmung in urbanen Gebieten zur Folge haben. Schon jetzt setzten Feuerwehr und THW regelmäßig leistungsstarke mobile Ölabschneider ein um das kontaminierte Wasser so gut es geht zu reinigen. Dennoch stoßen die Einsatzkräfte jetzt bereits oftmals an die Grenzen der Technik. Hinzu kommen weiter Kontaminationen, wie große Mengen Düngemittel aus Lagern, die sich ebenfalls im Wasser lösen und so unkontrolliert in die Umwelt gelangen.
Wird der Hochwasserschutz nicht ausreichend ausgebaut, werden die Einsatzkräfte vor Ort noch bessere Technik benötigen, um auslaufendes Öl fachmännisch aufzufangen. Zudem sollten neue Lagerkonzepte von gefährlichen Stoffen beschlossen werden, um ein ungewolltes freisetzen bei Überflutungen zu verhindern.
Überschwemmungen zählen schon heute zu den verheerendsten Naturkatastrophen. Diese Ansicht teilen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch das weltgrößte Rückversicherungsunternehmen Munich Re. So erreichten die durch Wetterkatastrophen verursachten Schäden jedes Jahr einen neuen Rekord. Hurrikan Harvey, der im August 2017 die Region um Houston traf und sintflutartige Regenfälle mitbrachte, verursachte Schäden in Höhe von rund 85 Milliarden Dollar. Die Schäden aller Naturkatastrophen zusammen belief sich in diesem Jahr auf 330 Milliarden Dollar. Die Wissenschaftler warnen, dass sich die finanziellen Schäden nochmals deutlich erhöhen werden, wenn die Regionen nicht bald handeln und den Hochwasserschutz drastisch verbessern.
„Mehr als die Hälfte der USA muss das bisherige Schutzniveau innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte mindestens verdoppeln“, erklärt Sven Willner, der Leitautor der aktuellen Studie. Zu den zwingend notwendigen Maßnahmen zählt der Ausbau der Deichanlagen, die Anpassung der Baustandards aber auch die Verlagerung ganzer Siedlungen.
Ohne diese Maßnahmen wird die Zahl der Menschen, die zu den stärksten zehn Prozent der Überschwemmungen betroffen sind, stark steigen. In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass die Zahl in Deutschland von 100.000 auf 700.000 ansteigen wird und in Asien steigt die Zahl der Menschen in Hochwassergebieten sogar von 70 Millionen auf 156 Millionen Menschen.
„Unsere Ergebnisse sollten eine Warnung für die Entscheidungsträger sein, betont Ko-Autor Anders Levermann. „Wenn wir das Thema ignorieren, sind die Folgen verheerend.“ Das Klimamodell zeigt zudem, dass ein globaler Temperaturanstieg von mehr als zwei Grad die Schadensbegrenzung sehr schwierig macht, weil selbst höhere Dämme keinen Schutz mehr bieten würden.