Robert Klatt
Der Klimawandel hat in den letzten Jahrzehnten in Mittel- und Nordwesteuropa die Regenmenge ansteigen lassen und ist so für mehr Hochwasser verantwortlich. Sollte sich die Entwicklung ungebremst fortsetzen, werden die Hochwasserschäden deutlich steigen.
Wien (Österreich). In Zukunft wird der Klimawandel, der laut der wissenschaftlichen Lehrmeinung fast einstimmig zu großen Teilen durch menschengemachte CO2-Emissionen ausgelöst wurde, die erst kürzlich zu einem neuen Rekordwert von CO2 in der Atmosphäre geführt haben, nicht nur dafür sorgen, dass auch in bisher gemäßigten Gegenden wie Mitteleuropa Hitzewellen deutlich öfter auftreten werden, sondern auch dafür, dass Hochwasser in Mittel- und Nordwesteuropa, also auch in Deutschland, in den kommenden Jahrzehnten häufiger werden.
Außerdem wird laut der Prognose der internationalen Forschungsgruppe, die von der Technischen Universität Wien (TU) geleitet wurde, in Südeuropa einige gegenläufige Entwicklung eintreten, die dazu führt, dass dort Hochwasser weniger oft auftreten werden aber auch dazu, dass weniger Wasser zum Beispiel für die Landwirtschaft zur Verfügung steht.
Wie die Wissenschaftler in ihrer im Fachmagazin Nature publizierten Studie darlegen, werden beide Entwicklungen, obwohl sie in unterschiedliche Richtungen gehen, durch den Klimawandel ausgelöst, da dieser je nach Region nicht dieselben Folgen für die Umwelt verursacht.
Problematisch bei der Erstellung der Studie war, das Überschwemmungen zwar global betrachtet jährlich Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro anrichten, ihre Ursachen sich aber nur schwer bestimmen lassen, da neben dem kurzfristigen Wetter auch langfristige Faktoren wie der Klimawandel und die Regulierung von Flüssen, von denen bereits Drei Viertel Staudämme und andere menschliche Einflüsse eingeschränkt sind, wichtige Faktoren bei der Entstehung sind.
Zur Lösung der komplexen Fragen, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Entstehung von Hochwasser und Überschwemmungen genau hat, hat die Forschungsgruppe um Günter Blöschl historische Daten der Jahre 1960 bis 2010 von 3.839 Hochwassermessstationen von europäischen Fließgewässern ausgewertet. Die Hochwasserdaten haben die Wissenschaftler dann mit Faktoren wie der Niederschlagsmenge, der Temperatur und der Bodenfeuchte verknüpft.
Wie Böschl konstatiert zeigen die Ergebnisse, dass „der Einfluss des Klimawandels auf das Ausmaß von Hochwasserereignissen eindeutig erkennbar ist.“ Dabei wurden klare Muster gefunden, die zeigen, dass die Klimaentwicklung und die Anzahl und Stärke von Hochwassern in den vergangenen fünf Jahrzehnten in Europa gleichförmig verliefen.
In Mittel- und Nordwesteuropa ist das Auftreten von Hochwasser in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Laut den Studienergebnissen wird diese Entwicklung sich weiter fortsetzen, da zwischen Island und Österreich besonders im Herbst und Winter durch den Klimawandel die Niederschlagsmenge steigt und die ohnehin schon feuchten Böden die höhere Regenmenge nicht speichern können.
Südeuropa wird hingegen aufgrund des Klimawandels weniger oft von großen Hochwassern heimgesucht, da die Niederschlagsmenge dort sinkt. Durch die steigenden Temperaturen sorgt der Klimawandel allerdings dafür, dass Bäume in diesen Regionen sterben, was in Kombination mit der stetigen Abholzung der Wälder dazu führt, dass kleinere Flüsse, deren Hochwasser bisher durch die Wälder teilweise aufgefangen wurden, in Zukunft öfter für Überschwemmungen sorgen werden.
Sollte die Entwicklung anhalten und der Klimawandel nicht zumindest auf die Ziele des Pariser Abkommens beschränkt werden können, wird laut Blöschl „das Überflutungsrisiko in vielen Regionen Europas drastisch ansteigen.“ Die Studienautoren fordern daher von der Politik die neuen Erkenntnisse bei zukünftige Hochwasserschutz-Überlegungen zu berücksichtigen und das Hochwassermanagement an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, damit die Hochwasserschäden in Zukunft nicht noch weiter ansteigen.
Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1495-6