Robert Klatt
Deutschland importiert einen Großteil seiner Lebensmittel. Eine Selbstversorgung wäre möglich, wenn die Einwohner deutlich weniger Fleisch essen würden.
Fulda (Deutschland). Die Produktion und der Transport von Lebensmitteln sind für etwa ein Drittel der anthropogenen CO₂-Emissionen verantwortlich. Auch Deutschland importiert viele Lebensmittel aus dem Ausland. Forscher der Hochschule Fulda haben deshalb untersucht, ob das Land sich durch lokale Landwirtschaft und Viehzucht autonom mit Nahrung versorgen konnte. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Sustainability haben die Autoren die Möglichkeit zur Selbstversorgung exemplarisch am Beispiel von Hessen untersucht.
Laut ihrer Analyse benötigt die Landwirtschaft bei den aktuellen Konsumgewohnheiten pro Einwohner rund 767 Quadratmeter Weidefläche für die Viehzucht und den Futtermittelanbau sowie weitere landwirtschaftliche Flächen für den Anbau von Gemüse und Getreide. Wie Anna-Mara Schön erklärt, gibt es in Hessen aber nur 467 Quadratmeter Weideland pro Person.
„Damit ist es unter den derzeitigen Bedingungen nicht möglich, das Ernährungssystem von der industrialisierten Landwirtschaft auf eine bäuerliche Landwirtschaft in größerem Maßstab umzustellen.“
Wenn die Menschen in Hessen statt Fleisch, das laut einer Studie die ineffizienteste Form der Nahrungsmittelproduktion ist, mehr Gemüse konsumieren würden, würde dies den Flächenbedarf der Landwirtschaft deutlich reduzieren. Im Rahmen der Studie berechneten die Forscher dies anhand der sogenannten Planetary Health Diet, bei der der Anteil von Obst und Gemüse in der Ernährung sich verdoppelt und der Fleischkonsum sich halbiert.
Falls alle Einwohner Hessens die Planetary Health befolgen würden, würde der Bedarf an Nutztieren erheblich sinken. Die Anzahl der benötigten Milchkühe würde sich halbieren, und nur 20 Prozent der gegenwärtigen Mastschweinpopulation wäre erforderlich. In diesem Szenario könnte eine Kuh 90 Menschen anstelle der aktuellen 17 mit Milch- und Fleischprodukten versorgen.
Die pro Kopf benötigte Weidefläche würde drastisch von 767 auf 128 Quadratmeter sinken. Zusätzlich würden pro Person 482 Quadratmeter an Ackerland ausreichen, obwohl theoretisch 648 Quadratmeter zur Verfügung stünden. Zudem würden die Umweltschäden der Fleischproduktion, die in Deutschland größtenteils externalisiert werden, deutlich abnehmen.
„Wenn alle Einwohner Hessens sich entsprechend der Planetary Health Diet ernährten, würden die Ressourcen ausreichen.“
Trotz des Potenzials für eine ausreichende Ernährung weist das ursprüngliche Szenario Schwächen hinsichtlich einer ausgewogenen und gesunden Kost auf. Die Autoren sprechen sich daher für eine siebenjährige Fruchtfolge in der Landwirtschaft aus. Mit dieser Methode könnten nicht nur alle Menschen vielfältig und gesund ernährt werden, sondern es würden auch bessere Lebensbedingungen für Nutztiere geschaffen. Diese idealisierten Modelle könnten womöglich sogar auf ganz Deutschland anwendbar sein.
Sustainability, doi: 10.3390/su15118675