Robert Klatt
Eine neue Künstliche Intelligenz (KI) kann anhand von Wetterdaten Blitzeinschläge bis zu 30 Minuten im Voraus erkennen. Dies ermöglicht Blitzwarnungen für Regionen, die bisher nicht von Satelliten- und Radartechnik überwacht wurden.
Lausanne (Schweiz). Blitze verursachen in der Luft zwischen dem Erdboden und den Gewitterwolken Temperaturen von bis zu 30.000 Grad Celsius und erzeugen dabei sogar Antimaterie und Plasma. Aufgrund der enormen Temperaturen und Energiemengen können Blitze elektronische Geräte und Flugzeuge zerstören und Menschen am Boden töten. Problematisch ist dabei vor allem, dass die Einschlagsorte von Blitzen sowohl zeitlich als auch räumlich bisher nicht genau vorhergesagt werden konnten. Grundsätzlich lassen sich Blitzeinschläge zwar mithilfe von Satelliten- und Radardaten vorhersagen, dies erfolgte bisher aber erst dann, wenn ein Gewitter bereits begonnen hatte.
Wissenschaftler vom Eidgenössischen Institut für Technologie (EPFL) haben nun im Fachmagazin npj Climate and Atmospheric Science eine neue Möglichkeit vorgestellt, die eine deutlich frühere Warnung vor Blitzeinschlägen ermöglicht. Wie Studienleiter Amirhossein Mostajabi erklärt, liegt der große Vorteil „in der Methode darin, dass diese Daten nutzt, die von jeder Wetterstation bezogen werden können.“ Es können so auch Blitzprognosen für Regionen erstellt werden, bei denen keine Wetterbeobachtung mit Radar- oder Satellitentechnik erfolgt.
Die Basis der neuen Prognosemethode bildet eine Künstliche Intelligenz (KI), die die Wissenschaftler mit Datensätzen trainiert haben, die meteorologische Parameter von Blitzeinschlägen und Regionen ohne Blitze enthalten. Erfasst sind in den Datensätzen der Luftdruck, die relative Luftfeuchtigkeit, die Geschwindigkeit des Windes und die Lufttemperatur. Anschließend erzeugte die KI aus den Trainingsdaten selbstständig ein Muster, das er ermöglicht Blitzeinschläge örtlich und zeitlich anhand der Wetterdaten frühzeitig zu erkennen.
In der Praxis soll die KI anhand des aktuellen Wetters in Echtzeit vor möglichen Blitzen in einem Gebiet von 30 Kilometern warnen und Blitzeinschläge bis zu 30 Minuten im Voraus erkennen. Um herauszufinden, ob die KI den Anforderungen gerecht werden kann, haben die Wissenschaftler ihr Daten von zwölf Wetterstationen aus dem Zeitraum 2006 bis 2017 zur Verfügung gestellt, aus denen vorher die Blitzeinschläge entfernt wurden. Anschließend sollte die KI selbstständig bestimmen, wie hoch das Blitzrisiko war. Laut Mostajabi konnte der Algorithmus anhand der vier Wetterparameter 76 Prozent der Blitzeinschläge korrekt errechnen.
Die Wissenschaftler konstatieren daher, dass „eine Blitzprognose selbst anhand einfacher Wetterdaten möglich ist.“ In Zukunft könnten so auch Blitzwarnungen für entlegene Regionen erfolgen, die bisher von Radarsystemen und Satelliten nicht erfasst werden.
npj Climate and Atmospheric Science, doi: 10.1038/s41612-019-0098-0