Robert Klatt
Eine neue Methode kann Fettgewebe, das natürlichem Tierfett stark ähnelt, in großen Mengen produzieren. Das gezüchtetes Fett kann Laborfleisch einen realistischen Geschmack verleihen.
Massachusetts (U.S.A.). Es sind bisher nur wenige Laborfleischprodukte für den Handel freigegeben, darunter Chicken Nuggets, die in Singapur gekauft werden können. Trotzdem ist die die Akzeptanz von Laborfleisch in Deutschland laut einer Studie der Universität Osnabrück bereits hoch. Mehr als die Hälfte der Deutschen (65 %) würde einen Burger aus Laborfleisch probieren.
Ein Großteil der aktuell entwickelten Produkte hat jedoch die Konsistenz einer undefinierten Zellmasse. Es fehlt die typische Struktur von echtem Fleisch, die aus Muskelgewebe, Bindegewebe und Fett besteht. Weil besonders der Fettanteil für den einzigartigen Geschmack von Fleisch verantwortlich ist, haben Forscher der McMaster University kürzlich eine Methode entwickelt, die Muskelzellen und Fett in Laborfleisch kombinieren soll.
Die Herstellung von kultiviertem Fettgewebe in ausreichenden Mengen stellt eine enorme Herausforderung dar. Das Problem liegt darin, dass, sobald das Fett an Volumen gewinnt, die Zellen in der Mitte des Gewebes an einem Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen leiden. In der Natur sorgen Blutgefäße und Kapillaren dafür, dass Sauerstoff und Nährstoffe das gesamte Gewebe durchdringen. Wissenschaftlern fehlen jedoch die Mittel, dieses Gefäßnetzwerk in Labor gezüchtetem Gewebe im großen Stil zu replizieren. Daher ist es ihnen bisher nur gelungen, Muskel- oder Fettgewebe bis zu einer Größe von wenigen Millimetern herzustellen.
Wissenschaftler der Tufts University haben laut einer Publikation im Fachmagazin eLife nun Fettgewebe für Laborfleisch gezüchtet, dessen Textur und Zusammensetzung dem natürlichem tierischem Fett stark ähnelt. Um dieses Problem zu lösen, züchteten die Wissenschaftler zunächst Fettzellen von Mäusen und Schweinen in einer flachen, zweidimensionalen Schicht.
Diese Zellen wurden anschließend geerntet und mittels Bindemitteln, wie Alginat und mTG, die bereits in einigen Lebensmitteln verwendet werden, zu einem dreidimensionalen Gebilde vereint. Laut John Yuen war es das Ziel, eine einfache Herstellungsmethode für große Mengen von Fettgewebe zu entwickeln.
„Unser Ziel war es, eine relativ einfache Methode zur Herstellung von Fett in großen Mengen zu entwickeln. Da Fettgewebe hauptsächlich aus Zellen mit wenigen anderen strukturellen Komponenten besteht, dachten wir, dass die Aggregation der Zellen nach dem Wachstum ausreichen würde, um den Geschmack, die Ernährung und das Texturprofil von natürlichem Tierfett nachzubilden. Dies kann funktionieren, wenn wir das Gewebe ausschließlich für Lebensmittel erzeugen, da es keine Notwendigkeit gibt, die Zellen am Leben zu erhalten, sobald wir das Fett in großen Mengen sammeln.“
Laut David Kaplan kann die neuentwickelte Methode auch in der industriellen Maßenproduktion verwendet werden.
„Diese Methode, kultivierte Fettzellen mit Bindemitteln zu aggregieren, kann auf die großtechnische Produktion von kultiviertem Fettgewebe in Bioreaktoren übertragen werden - ein Schlüsselhindernis in der Entwicklung von kultiviertem Fleisch. Wir betrachten weiterhin jeden Aspekt der kultivierten Fleischproduktion mit dem Ziel, die Massenproduktion von Fleisch zu ermöglichen, das aussieht, schmeckt und sich anfühlt wie das echte.“
Die vereinten Fettzellen erweckten sofort den Eindruck von echtem Fettgewebe. Um jedoch zu prüfen, ob sie tatsächlich die Eigenschaften von natürlichem Tierfett reproduzierten, führte das Team eine Reihe weiterer Experimente durch. Zunächst untersuchten sie die Textur, indem sie das Fettgewebe komprimierten und prüften, wie viel Druck es im Vergleich zu natürlichem Tierfett aushalten konnte.
Es stellte sich heraus, dass das mit Natriumalginat gebundene, im Labor gewachsene Fett einem ähnlichen Druck standhalten konnte wie Fett von Nutztieren und Geflügel. Das mit mTG gebundene, gezüchtete Fett hingegen verhielt sich eher wie geschmolzenes Fett - ähnlich wie Schmalz oder Talg. Dies lässt darauf schließen, dass es möglich sein könnte, die Textur von kultiviertem Fett so zu optimieren, dass sie der realen Textur von Fett in Fleisch am besten entspricht, indem verschiedene Arten und Mengen von Bindemitteln verwendet werden.
Beim Kochen werden hunderte von Verbindungen freigesetzt, die dem Fleisch sein Aroma verleihen, und die meisten dieser Verbindungen stammen aus dem Fett, einschließlich Lipiden und ihren Bestandteilen, den Fettsäuren. Das Forschungsteam untersuchte daher die Molekülzusammensetzung des im Labor gezüchteten Fetts und stellte fest, dass das Spektrum der Fettsäuren im kultivierten Mausfett von dem des natürlichen Mausfetts abwich.
Allerdings wies das kultivierte Schweinefett ein fast identisches Fettsäureprofil wie das natürliche Gewebe auf. Erste Studien des Teams lassen darauf schließen, dass es denkbar sein könnte, die heranwachsenden Fettzellen mit den benötigten Lipiden zu versorgen, um sicherzustellen, dass sie der Zusammensetzung von natürlichem Fleisch stärker ähneln.
eLife, doi: 10.7554/eLife.82120