Robert Klatt
Ein Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan würde etwa 125 Millionen Menschen direkt töten und den Himmel der Erde mit Rußwolken verdunkeln. Dies würde die Erträge der Landwirtschaft reduzieren und es würde eine zehn Jahre dauernde Lebensmittelknappheit entstehen.
Boulder (U.S.A.). Der Kaschmir-Konflikt, der hauptsächlich zwischen Indien und Pakistan sowie China bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert besteht, könnte für den gesamten Planeten verheerende Folgen haben, wenn auch nur eine der Konfliktparteien, von denen alle über Atombomben verfügen, sich dazu entscheidet diese einzusetzen. Laut einer Rede von Imran Khan, Ministerpräsident Pakistans vor der Organisation der Vereinten Nationen (UNO), in der von einem „Blutbad“ die Rede war, hält er einen weiteren Krieg zwischen Indien und Pakistan ohne Intervention der UNO für wahrscheinlich.
Wissenschaftler der University of Colorado Boulder und der Rutgers University haben aus diesem Grund ein Modell erstellt, das die Folgen eines regionalen Atomwaffenkrieges zwischen den beiden Staaten ermittelt. Laut den Ergebnissen der im Fachmagazin Science Advances veröffentlichten Studie würde das fiktive Atomkriegsszenario nicht nur die beiden Kriegsparteien und direkten Nachbarn betreffen, sondern auf der gesamten Welt zu Millionen Todesfällen führen.
Das Arsenal der beiden Konfliktparteien umfasst derzeit jeweils 150 Atombomben, soll aber laut Prognosen bis zum Jahr 2025 auf jeweils 200 Atombomben ansteigen. Laut Brian Toon, Studienautor wäre „ein atomarer Krieg zwischen diesen beiden Nationen ohne Vergleich in der menschlichen Geschichte.“ Die Folgen würden dabei laut der Analyse der Wissenschaftler in mehreren Stufen auftreten. Anfangs würde ein Einsatz von 250 Atombomben über den Großstädten Indiens und Pakistans zwischen 50 und 125 Millionen Menschen durch die Strahlung und die entstehenden Feuer töten.
Anschließend würden etwa 36 Milliarden Kilogramm Ruß in die Atmosphäre aufsteigen, was auf der gesamten Erde zu schwarzen Wolken führen würde, die das Sonnenlicht behindern und damit die Durchschnittstemperatur um etwa fünf Grad Celsius reduzieren würden. Laut Nicole Lovenduski, Co-Autorin der Studie „zeigen die auf modernsten Modellberechnungen Untersuchungen, dass selbst ein solcher lokaler Atomkrieg großräumige Rückgänge bei der Produktivität von Pflanzen an Land und Algen im Ozean zur Folge hätte.“
Konkret bedeutet dies, dass die Niederschlagsmengen aufgrund der Rußwolken global um 15 bis 30 Prozent sinken würden, was wiederum die von Pflanzen an Land gespeicherte Biomasse um 30 Prozent und die von Pflanzen im Wasser gespeichert Biomasse um 15 Prozent reduzieren würde. Die Folgen für die Landwirtschaft wären deutlich geringere Erntemengen, die zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit führen würden. Laut der Modellberechnung wären die Folgen der Rußwolken erst nach etwa zehn Jahren überstanden.
Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aay5478