Robert Klatt
Mikroplastik beeinflusst die Bildung von Eiskristallen in Wolken. Dieser Prozess könnte das Wetter und das Klima verändern, beispielsweise durch andere Niederschlagsmuster und durch Veränderungen der Lichtstreuung.
Pennsylvania (U.S.A.). In den letzten Jahren hat die Wissenschaft nachgewiesen, dass Mikroplastik auch die unberührtesten Umgebungen der Erde erreicht hat, darunter sogar den 9.450 Meter tiefen Boden des westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Graben. Die Auswirkungen der Plastikkontamination können bisher kaum abgeschätzt werden, obwohl Studien bereits Indizien für mögliche Gesundheitsschäden durch die kleinen Partikel geliefert haben, darunter auch erektile Dysfunktion.
Forscher der Pennsylvania State University (Penn State) haben nun eine Studie veröffentlicht, laut der Mikroplastik die Bildung von Eiskristallen in Wolken beeinflusst. Laut der Veröffentlichung im Fachmagazin Environmental Science and Technology: Air könnte dieser Prozess das Wetter und das Klima verändern.
„In den letzten zwei Jahrzehnten haben Wissenschaftler festgestellt, dass Mikroplastik überall zu finden ist, und dies ist ein weiteres Puzzlestück. Es ist nun klar, dass wir ein besseres Verständnis darüber benötigen, wie Mikroplastik mit unserem Klimasystem interagiert, da wir zeigen konnten, dass der Prozess der Wolkenbildung durch Mikroplastik ausgelöst werden kann.“
Die Wissenschaftler um Miriam Freedman haben für ihre Studie die Gefrieraktivität der Mikroplastikarten Polyethylen niedriger Dichte (LDPE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC) und Polyethylenterephthalat (PET) in einer kontrollierten Laborumgebung untersucht. Dazu haben sie die Plastikpartikel mit kleinen Wassertropfen besprüht und anschließend langsam abgekühlt, um dabei zu beobachten, ob und wie das Mikroplastik die Eisbildung beeinflusst.
Die Experimente zeigen, dass die durchschnittliche Gefriertemperatur von Wassertropfen mit Mikroplastik fünf bis zehn Grad Celsius wärmer war als ohne Mikroplastik. Atmosphärische Wassertropfen gefrieren normalerweise bei etwa minus 38 Grad Celsius. Kleine Partikel, darunter neben Mikroplastik auch Staub oder Bakterien, bieten dem Wasser jedoch eine Struktur, die eine Eisbildung bei höheren Temperaturen ermöglicht.
„Bei unseren Mikroplastikpartikeln waren 50 % der Tropfen bei minus 22 Grad Celsius gefroren, für die meisten der untersuchten Plastikarten. Es zeigt sich, dass das Einbringen eines unlöslichen Materials einen Defekt in den Tropfen einführt, der dann bei höheren Temperaturen zur Eisnukleation führen kann.“
Laut den Forschern ist es noch unklar, ob die durch Mikroplastik verursachte Eisbildung sich bereits auf das Wetter auswirkt. Es existieren jedoch Hinweise darauf, dass die Plastikpartikel Mischphasenwolken, die sowohl flüssiges als auch gefrorener Wasser enthalten, beeinflussen.
„Wenn Luftströmungen dazu führen, dass ein Tropfen in die Atmosphäre aufsteigt und abkühlt, könnte Mikroplastik Wetterphänomene beeinflussen und Eis in Wolken bilden. In einer verschmutzten Umgebung mit viel mehr Aerosolpartikeln, wie Mikroplastik, wird das verfügbare Wasser auf viele Partikel verteilt, wodurch kleinere Tropfen um jedes dieser Partikel entstehen. Wenn es mehr Tropfen gibt, fällt weniger Regen, da Tropfen nur regnen, wenn sie groß genug werden. Es sammelt sich insgesamt mehr Wasser in der Wolke an, bevor die Tropfen groß genug sind, um zu fallen, was bei einsetzendem Regen dann zu heftigeren Niederschlägen führt.“
Angesichts der aktuellen Studienergebnisse möchten die Forscher untersuchen, wie sich Mikroplastik auf das Wetter und das Klima auswirkt. Laut ihnen kann dies auf verschiedenen Ebenen erforscht werden, nicht nur in Hinblick auf stärkere Stürme, sondern auch durch Veränderungen der Lichtstreuung, die womöglich das Klima der Erde signifikant beeinflussen könnten.
Environmental Science and Technology: Air, doi: 10.1021/acsestair.4c00146