Robert Klatt
Die Klimaeffekte von Partikeln, die sich durch chemische Prozesse in der Atmosphäre finden, wurden bisher vor allem in städtischen Gebieten stark unterschätzt. Ein besseres Verständnis ist essenziell, um Maßnahmen gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu entwickeln.
Helsinki (Finnland). Partikel in der Atmosphäre bestimmen, wie sich das Klima entwickelt, unter anderem weil sie die Strahlungsbilanz der Erde und die Wolkenbildung beeinflussen. Die Klimaforschung hat primär die Wirkung von Partikeln aus direkten Quellen, etwa Industrie- und Fahrzeugemissionen, untersucht. Die Klimaeffekte von neuen Partikeln, die sich erst in der Atmosphäre durch dort ablaufende chemische Reaktionen bilden, wurden hingegen kaum erforscht.
Wissenschaftler der Universität Helsinki haben nun eine Studie publiziert, laut der die Klimaauswirkungen solcher neugebildeten Partikel in städtischen Gebieten signifikant unterschätzt wurden. Dies liegt unter anderem daran, dass die bisher verwendeten Messmethoden die Komplexität der atmosphärischen Prozesse nicht ausreichend erfassen konnten und die Auswirkungen der Partikel in unterschiedlichen Höhen nicht umfassend verstanden wurden.
„Um die Klimaeffekte von Partikeln genau zu bewerten, benötigen wir umfassende, langfristige vertikale Beobachtungen.“
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin One Earth haben die Forscher deshalb mit einem 325 Meter hohen Messturm in Peking die Partikelbildung innerhalb der Metropolregion in verschiedenen Höhen untersucht.
„Der 325 Meter hohe meteorologische Turm in Peking ist eine einzigartige Forschungsplattform für Atmosphären- und Klimawissenschaften in Megastädten. Wir freuen uns, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um dem Klimawandel gemeinsam zu begegnen.“
Die Analyse zeigt, dass die Partikelbildung in größeren Höhen durch die höhere Luftfeuchtigkeit und die höhere Konzentration von Schwefelsäure deutlich stärker ist. Wie die Forscher erklären, ist diese Erkenntnis vor allem in Städten relevant, weil deren Luftverschmutzung, ein Faktor, der die Partikelbildung stark beeinflusst, sich deutlich von ländlichen Regionen unterscheidet.
„Die verstärkte Partikelbildung in größeren Höhen deutet darauf hin, dass Messungen am Boden zwar wertvolle Einblicke liefern, jedoch nicht das volle Bild der Partikeldynamik erfassen, insbesondere in dicht besiedelten städtischen Gebieten.“
Die Studie zeigt somit, dass die Atmosphäre in Städten auch oberhalb von ein bis zweihundert Metern untersucht werden muss, um die atmosphärischen Prozesse im Detail zu verstehen.
Partikel aus menschlichen Emissionen fördern die Bildung von Wolkenkondensationskeimen (CCN), wenn sie in höhere Atmosphärenschichten gelangen. CCN sind entscheidend für die Wolkenbildung und das lokale Klima. Laut den Erkenntnissen der Studie wurde der Einfluss der neuen Partikel auf diesen Prozess bisher um rund 20 Prozent unterschätzt. Die Forscher erklären, dass ein besseres Verständnis entscheidend dafür ist, Vorgänge wie die Wolkenbildung vollständig erfassen zu können. In Zukunft könnte dieses Wissen dabei helfen, Maßnahmen gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu entwickeln.
„Während Städte weiterhin mit Luftverschmutzung und Klimaherausforderungen zu kämpfen haben, kann das Verständnis der vertikalen Profile der atmosphärischen Prozesse dazu beitragen, effektivere Strategien zur Minderung ihrer Auswirkungen auf Klima und öffentliche Gesundheit zu entwickeln.“
One Earth, doi: 10.1016/j.oneear.2024.12.005