Robert Klatt
Raucher belasten ihre Umgebung durch Rückstände in ihrer Kleidung noch lange nach der letzten Zigaretten. Während eines Kinofilms entspricht die Schadstoffmenge dabei derselben Belastung des Passivrauchens von bis zu zehn Zigaretten.
Mainz (Deutschland). Die gesundheitsschädlichen Folgen des Passivrauchens hat die Wissenschaft durch zahlreiche Studien schon seit langem belegt. Turkmenistan hat als erstes Land der Welt deshalb den Verkauf von Zigaretten vollständig verboten. Auch in den Deutschland wurden die Nichtraucherschutzgesetze in den vergangenen Jahren deutlich verschärft, um Menschen vor der unfreiwilligen Belastung durch Zigaretten zu schützen. Eventuelle Belastungen, die nachdem Rauchen noch in die Umgebung abgegeben werden, wurden dabei jedoch nicht berücksichtigt.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPI C) und der Yale University haben aus diesem Grund eine Studie durchgeführt, die herausfinden sollte, ob Raucher auch, nachdem Rauchen ihre Mitmenschen belasten. Dazu wurde laut der Publikation im wissenschaftlichen Magazin Science Advances ein Kinosaal genutzt, in dem noch nie geraucht wurde. Mithilfe eines hochauflösenden Massenspektrometers erfassten die Wissenschaftler dann eventuelle Veränderungen in der Luft, die durch Tabakrauch ausgelöst werden.
Untersucht wurde die Belastung der Raumluft des Kinosaals während eines Zeitraums von vier Tagen. Neben Kinderfilmen, die nachmittags gezeigt wurden, gab es abends auch Filme, die überwiegend von Erwachsenen besucht wurde.
Laut Drew Gentner „zeigen die Tests unter diesen Alltags-typischen Bedingungen deutlich, dass Personen, die zuvor Tabakrauch ausgesetzt waren, beim Betreten eines zuvor strikt rauchfreien Raums potenziell gefährliche Substanzen abgeben.“ In der Raumluft wurden neben Nikotin auch andere Verbindungen wie Acrolein, Formaldehyd, Benzol oder Acetonitril nachgewiesen, die ein gesundheitsschädliches Potenzial besitzen und in Zigarettenrauch enthalten sind.
Wie Jonathan Williams erklärt, „gehen die Studienautoren davon aus, dass die Kinobesucher die Zigarettenrauchrückstände mit ihrer Kleidung und ihrem Körper in den geschlossenen Raum transportiert haben.“ Dafür spricht auch ein Vergleich verschiedener Kinovorstellungen, der zeigt, dass die Belastung bei Veranstaltungen, die hauptsächlich von Erwachsenen besucht werden, besonders stark ansteigt, weil dort der Anteil an Rauchern höher ist.
Die Belastung der Kinogäste entspricht laut den Wissenschaftler der Belastung beim Passivrauchen von bis zu zehn Zigaretten. Die Schadstoffkonzentration in der Luft steigt durch das Eintreffen der Gäste beim Beginn einer Veranstaltung an, geht aber auch in einem leeren Kinosaal nicht auf null zurück. Laut den Wissenschaftler sind dafür Schadstoffe verantwortlich, die von der Raumrichtung absorbiert und danach wieder freigesetzt werden.
Gentner konstatiert daher, dass „es ein Trugschluss ist, dass man als Nichtraucher in einem rauchfreien Raum vor Passivrauchen geschützt wäre.“ Die Wissenschaftler betonen außerdem, dass der genutzte Kinosaal über eine vergleichsweise gute Belüftungsanlage verfügt und dass daher die indirekten Rauchemissionen in anderen Räumen sehr wahrscheinlich noch deutlich höher liegen.
Science Advances, doi: 10/eaay4109