Robert Klatt
Der Verkehrssektor hat als einziger Bereich in Deutschland seine CO2-Emissionen seit 1990 nicht verringert. Das Umweltbundesamt empfiehlt deshalb ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das unter anderem höhere Benzin- und Dieselpreise, das Ende der Pendlerpauschale, ein generelles Tempolimit und eine Pkw-Maut beinhaltet.
Berlin (Deutschland). Laut des Klimaschutzplans der Bundesregierung sollen die CO2-Emissionen des Verkehrssektors bis zum Jahr 2030 Vergleich zu 1990 um 40 Prozent sinken. Sektorübergreifend ist eine Reduzierung der Emissionen um 55 Prozent vorgesehen. Nun hat das Umweltbundesamt (UBA) eine Reihe von Maßnahmen empfohlen, mit denen die ehrgeizigen Ziele erreicht werden könnten.
Die Empfehlung beinhaltet unter anderem einen deutlich höheren CO2-Preis. Dieser sollte im kommenden Jahr mindestens doppelt so hoch sein wie aktuell vorgesehen. Um die daraus resultierenden stark steigenden Benzin- und Dieselpreise zu kompensieren, soll laut dem UBA im UBA ein sozialer Ausgleich geschaffen werden.
„Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtung. Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt nichts mit dem Klimaschutz“, so Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamts.
„Auch wenn die Spritpreise derzeit sehr hoch sind, sagen die Preise für Benzin und Diesel nicht die ökologische Wahrheit. Aus Klima- und Umweltschutzsicht ist es sinnvoll, den CO2-Preis weiter zu erhöhen. Und das ist auch sozial verträglich möglich, wenn der Staat die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutzt, um die EEG-Umlage deutlich zu senken und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern“, erklärt der Experte.
„Mir ist bewusst, dass die aktuellen Spritpreise an den Tankstellen viele davon abschrecken, diese Diskussionen zu führen. Wir müssen uns aber ehrlich machen und alle Optionen diskutieren. Dabei gehören steigende CO₂-Preise und Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zusammen“, so Messner.
In Deutschland ist der Verkehrssektor der einzige Bereich, der im Vergleich zum Jahr 1990 seine Emissionen nicht verringert hat. „Was noch schlimmer ist: Wir werden auch die selbst gesetzten Ziele aus dem Klimaschutzgesetz bis 2030 im Verkehrssektor deutlich verfehlen, wenn wir nicht massiv nachsteuern. Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen landen wir im Jahr 2025 bei 28 Millionen Tonnen zu viel und liegen im Jahr 2030 sogar 41 Millionen über den gesetzlichen Zielen“, erklärt der Präsident des Umweltbundesamts.
Sollte die kommende Regierung das vom Bundesumweltamt vorgeschlagene Reformpaket umsetzen, könnte diese Lücke jedoch geschlossen werden. „Wir setzen stark auf den Ausbau der Alternativen zum Pkw- und Lkw-Verkehr, auf Elektrifizierung und eine verursachergerechte, aber auch sozial verträgliche CO₂-Bepreisung des Verkehrs“, erklärt Messner.
Neben des höheren Benzin- und Dieselpreise empfiehlt das Umweltbundesamt außerdem ein generelles Tempolimit von 120 km/h auf allen Autobahnen. Mit dieser praktisch sofort umsetzbaren und zudem kostenlosen Maßnahme könnte man sowohl dem Klimawandel entgegenwirken als auch die Verkehrssicherheit erhöhen. In ihrem Sondierungspapier haben SPD, Grüne und FDP sich jedoch bereits gegen ein Tempolimit ausgesprochen.
Zusätzlich enthält das Maßnahmenpaket des Umweltbundesamts eine Pkw-Maut für alle Straßen ab dem Jahr 2030. Diese soll laut des Dokuments Anreize schaffen „Autofahrten zu verkürzen oder ganz einzusparen oder stattdessen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen“. Die Maut könnte überdies einen großen Beitrag zur Straßenfinanzierung beitragen.
Das Papier des Umweltbundesamts sieht überdies die Abschaffung der Pendlerpauschale ab 2027 vor, weil diese Fehlanreize für den Klimaschutz wie zu lange Arbeitswege fördert. Hinzukommt, dass die meisten Arbeitswege in Autos mit nur einem Insassen absolviert werden. In Härtefällen sollen die höheren Kosten jedoch bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Auch das Dieselprivileg soll laut Plänen der Behörde schrittweise entfallen. Aktuell wird Diesel noch geringer besteuert als Benzin. Das Umweltbundesamt möchte dies ab 2023 ändern.
„Natürlich wird man uns wieder vorwerfen, den üblichen ›Giftschrank‹ aufzumachen. Es ist aber die bittere Wahrheit, dass wir im Verkehrssektor viel Zeit verloren haben und daher nun viele Stellschrauben gleichzeitig bewegen müssen, damit die Klimawende noch gelingt“, sagt Messner.
Als Ausgleich fordert die Behörde zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe in den Ausbau des Rad- und Fußverkehrs und des Öffentlichen Personennahverkehrs. Gemeinsam sollen diese Maßnahmen dafür sorgen, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.