Robert Klatt
Die Landwirtschaft in Deutschland verursacht pro Jahr ökologische Schäden in Höhe von 90 Milliarden Euro. Würde man diese Kosten mit einkalkulieren, müsste Rindfleisch etwa fünf- bis sechsmal und Produkte wie Milch und Käse zwei- bis viermal so viel kosten wie aktuell.
Berlin (Deutschland). Im Rahmen der Zukunftskommission Landwirtschaft haben im Auftrag der Regierung erstmals Umweltverbände und Wissenschaftler sowie Wirtschafts- und Bauernvertreter gemeinsam einen Bericht zur Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland verfasst. Obwohl die Interessen der unterschiedlichen Gruppen in vielen Punkten stark gegensätzlich sind, bezeichnen auch Experten aus der Wissenschaft die Ergebnisse als „erstaunlich fortschrittlich“. Gefordert wird unter anderem weniger Fleischkonsum, mehr pflanzliche Nahrung, eine ökologische Ausrichtung der Landwirtschaft und mehr Klimaschutz.
Die deutsche Landwirtschaft verursacht laut des Berichts, den alle 30 Vertreter der verschiedenen Interessengruppen inzwischen unterschrieben haben, ökologische Folgekosten in Höhe von 90 Milliarden Euro pro Jahr. Dies sind etwa Umweltschäden wie die Belastung des Grundwassers und die Luftverschmutzung durch den Verlust von biologischen Vielfalt.
Würde man die externen Kosten in den Produktpreis einkalkulieren müsste laut der Zukunftskommission Landwirtschaft Rindfleisch fünf- bis sechsmal so viel kosten wie aktuell. Andere tierische Produkte wie Milch und Käse müssten einen zwei- bis viermal höheren Preis haben.
Im Bericht über die Zukunft der Landwirtschaft erkennen somit auch konventionelle Bauern erstmals offiziell an, dass ihre Produktionsmethoden hohe externe Kosten verursachen, weil besonders in der Tierhaltung nur niedrige Standards gelten, die hohe Umweltschäden verursachen. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen sind die Ergebnisse des Berichts jedoch sehr vorsichtig formuliert. So heißt es unter anderem, dass „aller Voraussicht nach die Gesamtnutztierbestände reduziert werden müssten“ und dass die „Rinderhaltung an die Klimaziele angepasst werden muss“.
„Der Bericht ist eine Übereinkunft, dass bei allem Willen zur Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit, der betriebswirtschaftliche Aspekt immer mitberücksichtigt wird. Nur wenn auf den Höfen Geld verdient wird, können wir auch Umweltleistungen erbringen“, kommentiert Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes den Bericht gegenüber dem SPIEGEL.
„Die Kommission hat im Gegensatz zur langjährigen Politik des Landwirtschaftsministeriums nicht nur die Landwirtschaft, sondern das Ernährungssystem als Ganzes in den Blick genommen“, sagt Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR). Die Diskussionen in der Zukunftskommission haben laut Niebert somit „jahrzehntelange Konflikte aufgelöst“.
In Zukunft sollen elf Milliarden Euro pro investiert werden, um die Umweltschäden der Landwirtschaft abzufedern. Damit soll die Renaturierung von Mooren, die Schaffung von Blühwiesen und die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft finanziert werden. Außerdem empfehlen die Autoren einen deutlich geringeren Konsum von Fleisch und anderen tiereschen Produkten. Als Basis dazu können die Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verwendet werden. Laut Niebert bedeutet, dass „eine Halbierung des Fleischkonsums“.