Messtechnik

Verbesserung von Wasserqualität durch innovative Messmethode

 Dennis L.

Forscher entwickeln eine neue Messtechnik, welche die Wasserqualität noch schneller und genauer bestimmen kann. )kcotS ebodA013ierdna(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Bakterien in Gewässern zersetzen organische Substanzen
  • Dabei verbrauchen diese Sauerstoff
  • Dadurch entstehen Todeszonen in denen Tiere und Pflanzen nicht überleben können
  • Bisherige Messmethoden waren ungenau & langsam
  • Neue Messmethode könnte bald wissenschaftlicher Standard werden

Eine neue Messmethode, die von Experten des Helmholtz-Zentrums Hereon mitentwickelt wurde, liefert ein genaues Bild der organischen Belastung von Gewässern und kann zukünftig dazu beitragen, die Wasserqualität zu verbessern.

Geesthacht (Deutschland). Mit dem Abwasser gelangen große Mengen an organischem Material in Flüsse und Seen. Dies führt zu massivem Bakterienwachstum und Sauerstoffmangel. Bisherige Messmethoden waren zu kostspielig oder zu ungenau, so dass sie die organische Belastung in den Gewässern nicht exakt messen ließ. Eine neue Methode, die von Wissenschaftlern eines Expertenteams am Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht mitentwickelt wurde, soll in Zukunft ein klareres Bild von Flüssen und Seen liefern.

Moderne Sensoren bieten oftmals noch nicht eine detaillierte Erfassung der organischen Belastung in natürlichen Gewässern. Hochempfindliche Sensoren sind an spezielle Messwert-Umformer angeschlossen, die alle Werte dieser hochmodernen elektronischen und digitalen Messgeräte weiterleiten zu Bewertungssystemen. Dort werden die Bestandteile analysiert.

Wenn die Abwässer von Dörfern und Städten in Flüsse und Seen fließen, gelangen auf diese Weise große Mengen an Fetten, Proteinen, Zuckern sowie anderen kohlenstoffhaltigen Substanzen in die Natur. Diese organischen Stoffe werden von Bakterien abgebaut, die Sauerstoff verbrauchen. Je größer die Menge des Abwassers, desto mehr Bakterien sind im Wasser zu finden. Durch die erhöhte Bakterienanzahl und den damit verbundenen Sauerstoffverbrauch entsteht eine Umgebung, in der Fischen, Muscheln oder Würmern buchstäblich der Sauerstoff ausgeht, weil der Sauerstoffgehalt im Wasser dramatisch sinkt. Dies führt zu immer mehr sogenannter Todeszonen in Flüssen und Seen.

Bisher gibt es keine geeignete Messmethode

Um zu messen, wie sehr Flüsse und Seen mit organischen Substanzen belastet sind, entnehmen Behörden und Umweltforscher regelmäßig Wasserproben und analysieren diese. Weit verbreitet ist eine Messmethode, die den Gehalt an organischen Stoffen durch eine chemische Reaktion bestimmt. Wie ein internationales Wissenschaftlerteam gezeigt hat, liefert diese etablierte Methode jedoch Werte, aus denen sich der tatsächliche Verschmutzungsgrad des Gewässers kaum ableiten lässt. „Wir stellen in unserer Publikation deshalb auch eine neue Methode vor, die Messungen künftig sehr viel zuverlässiger macht“, sagt Prof. Helmuth Thomas, Leiter des Hereon-Instituts für Kohlenstoffkreisläufe. Die Wissenschaftler haben ihre Arbeit im wissenschaftlichen Fachmagazin Science Advances veröffentlicht.

Bei der herkömmlichen Messmethode werden die Wasserproben mit den Chemikalien Permanganat oder Dichromat versetzt. Diese hochreaktiven Chemikalien bauen in kurzer Zeit alle organischen Stoffe ab. Anhand der Menge der verbrauchten Chemikalien lässt sich dann bestimmen, wie viel organische Substanz in der Wasserprobe enthalten war. Experten sprechen hierbei vom "Chemischen Sauerstoffbedarf".

Das Problem bei der COD-Messung: Sie unterscheidet nicht zwischen den organischen Stoffen, die mit dem Abwasser ins Wasser gelangen, und denen, die auf natürliche Weise entstanden sind - wie Lignin und Huminsäuren, die beim Verrotten von Holz freigesetzt werden. Dadurch ist es schwierig, die Verschmutzung des Wassers von dem natürlichen Gehalt an organischen Stoffen zu unterscheiden. „Für den Han-Fluss in Südkorea etwa haben wir mit unserer neuen Methode herausgefunden, dass die Belastung mit organischen Stoffen aus Abwässern in den vergangenen 25 Jahren abgenommen hat. Die COD-Messungen aber zeigen nach wie vor hohe Werte an“, erklärt Prof. Helmuth Thomas weiter.

Komplexes biologisches Messverfahren

Aber wie misst man die Verschmutzung? Hier hat sich seit Jahrzehnten ein biologisches Messverfahren etabliert, das aber viel aufwändiger ist als die COD-Messung und deshalb von Behörden und Fachleuten seltener angewendet wird. Dabei wird eine Wasserprobe aus dem Fluss oder See entnommen und der Sauerstoffgehalt des Wassers als Ausgangswert gemessen. Eine weitere so genannte Parallelprobe wird sofort luftdicht verschlossen. Diese Wasserprobe ruht dann fünf Tage lang. In dieser Zeit bauen die Bakterien die organischen Stoffe ab und verbrauchen so nach und nach den Sauerstoff im Wasser. Nach fünf Tagen wird das Gefäß geöffnet und der Sauerstoffgehalt gemessen. Wenn das Wasser viel organisches Material enthält, sind die Bakterien besonders aktiv. Das bedeutet, dass sie in dieser Zeit große Mengen an Sauerstoff verbrauchen. Die Messung des Sauerstoffverbrauchs durch Bakterien wird als "Biologischer Sauerstoffbedarf" (BOD) bezeichnet.

„Die Messung des BOD ist sehr viel genauer als die des COD, weil die Bakterien vorzugsweise die kleinen organischen Moleküle aus dem Abwasser abbauen, aber die natürlichen wie etwa Lignin unangetastet lassen“, führt Prof. Helmuth Thomas weiter aus.

Die BOD-Messung hat jedoch auch ihre Nachteile. Zum einen benötigt diese Messmethode fünf Tage, während die COD-Messung bereits nach wenigen Minuten vorliegt. Zum anderen muss bei der Abfüllung, Lagerung und Messung des Probenwassers peinlich genau darauf geachtet werden, dass kein Sauerstoff aus der Umgebungsluft in die Probe gelangt und den Messwert verfälscht. „Das Handling der BOD-Messung beherrschen nur einige wenige Leute mit großer Laborerfahrung“, betont Prof. Helmuth Thomas. „Daher bevorzugen Behörden und Forscher auch heute noch den COD – trotz großer Unsicherheiten.“

Schnell und genau messen

Helmuth Thomas und sein Team stellen daher eine alternative Methode vor, welche schneller und genauer als die BOD-Messung ist. Der Vorteil der neuen Methode ist, dass nur eine Wasserprobe entnommen werden muss, diese sofort verschlossen wird und der Sauerstoffverbrauch ohne Beeinträchtigung der Probe gemessen werden kann. Es ist nicht notwendig, die Probe nach fünf Tagen erneut zu öffnen, um den Sauerstoffgehalt zu messen. Dadurch wird verhindert, dass die Probe erneut mit Luftsauerstoff in Berührung kommt. Bei dem neuen Ansatz wird eine optische Faser in das Probengefäß eingeführt, sobald die Wasserprobe gefüllt ist. Über diese Faser kann eine konstante Messung des Sauerstoffgehalts in Echtzeit erreicht werden. „Wir können den Sauerstoffgehalt damit kontinuierlich messen und erhalten ein sehr viel genaueres Bild vom Sauerstoffverbrauch durch die Bakterien“, erklärt Prof. Helmuth Thomas.

Erste Tests unter Realbedingungen haben gezeigt, dass bereits nach etwa 48 Stunden ein aussagekräftiges Ergebnis vorliegt, was die BOD-Messung erheblich beschleunigt. Alles in allem wird die BOD-Messung durch die optische Methode nicht nur zuverlässiger, sondern auch schneller. Helmuth Thomas rechnet damit, dass die neue Methode in den nächsten Jahren sowohl die COD- als auch die klassische BOD-Messung als neuen Standard ablösen wird. Künftig wird sich zuverlässiger als bisher feststellen lassen, ob Maßnahmen zum Gewässerschutz erfolgreich sind.

Science Advances; doi: 10.1126/sciadv.abc7318

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