Robert Klatt
In einem offenen Brief warnen Wissenschaftler vor der künstlichen Verringerung des Sonnenlichts, weil die Risiken des Solar Geoengineering zu groß sind. Sie fordern deshalb ein internationales Abkommen, das Experimente in diesem Bereich verbietet.
Utrecht (Niederlande). Die Wissenschaft diskutiert seit Längerem Methoden zur künstlichen Verringerung des Sonnenlichts, um die Klimaerwärmung zu begrenzen. Experimente, wie ein Ballon, der in der Stratosphäre Kalziumkarbonat-Partikel freisetzen sollte, die das Sonnenlicht reflektieren, sind jedoch umstritten, weil ihre Risiken nur schwer prognostiziert werden können.
Nun haben Wissenschaftler im Fachmagazin WIREs Climate Change einen Brief veröffentlicht, in dem sie vor einer künstlichen Verringerung der weltweiten Sonneneinstrahlung warnen. Es heißt darin, dass ein solcher Eingriff „nicht auf faire, integrative und effektive Weise geregelt werden“ können. Die Vereinten Nationen (UN) und nationale Regierungen sollten deshalb durch entsprechende Regeln eine Normalisierung des Solar Geoengineerings stoppen.
Der Sammelbegriff „Solar Geoengineering“ umfasst verschiedene Möglichkeiten, mit denen die Intensität der Sonneneinstrahlung verringert werden soll. Dies soll den Klimawandel begrenzen. Denkbar ist etwa die Zufuhr von Schwefel, um in der Atmosphäre winzige Schwebteilchen entstehen zu lassen, die wie Wollen die Sonnenstrahlung in den Weltraum zurück reflektieren. Ein ähnlicher Effekt entsteht auch in der Natur nach Meteoriteneinschlägen oder großen Vulkanausbrüchen.
Laut Studien könnten solche technologischen Maßnahmen zwar theoretisch die Erwärmung stoppen, ihre Risiken sind aber groß. Es könnte durch die künstliche Abschwächung der Strahlungskraft etwa zu einer Unterbrechung der Monsunregenfälle in Südasien und Westafrika kommen. Dies würde die lokale Landwirtschaft vollständig vernichten und hunderte Millionen Menschen würden ihre Nahrungsgrundlage verlieren. Überdies warnt der Weltklimarat IPCC davor, dass Solar Geoengineering zur Trockenheit im Amazonasgebiet führen kann.
Außerdem ist fraglich, was passiert, wenn die künstliche Zufuhr der Teilchen in der Erdatmosphäre endet. Sehr wahrscheinlich würde dies zu einem sprunghaften Anstieg der Oberflächentemperaturen führen. Auch die anhaltende Anreicherung von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre könnte das Solar Geoengineering nicht beenden.
Die Unterzeichner des Briefes warnen deshalb davon, dass das Solar Geoengineering die Ursachen des Klimawandels nicht bekämpft, sondern nur von dessen Folgen ablenkt. Tatsächlich bekämpfen kann man den Klimawandel laut ihnen jedoch nur durch eine nachhaltige Wirtschaft. Solar Geoengineering könnte deshalb dazu führen, dass Regierungen, Unternehmen und Gesellschaft nicht „ihr Möglichstes tun, um so schnell wie möglich eine Dekarbonisierung oder Kohlenstoffneutralität zu erreichen.“
Schlussendlich fordern die Unterzeichner ein internationales Abkommen über den Verzicht auf solche Projekte. Dies soll die Finanzierung von Experimenten zum Geoengineering und Patente in diesem Bereich verbieten.
WIREs Climate Change, doi: 10.1002/wcc.754