Robert Klatt
Im Schonwaschgang löst die höhere Wassermenge mehr Mikroplastikfasern aus synthetischen Textilien als in anderen Waschprogrammen. Es ist daher aus Umweltschutzgründen empfehlenswert auch bei Kleidung aus Kunstfasern Kurz- oder Umweltprogramme zu nutzen.
Newcastle (England). Die Belastung der Umwelt mit Mikroplastik nimmt stetig zu. Neben den Ozeanen sind auch die heimische Nord- und Ostsee inzwischen mit den winzigen Kunststoffteilchen verseucht. Außerdem wird Mikroplastik durch die Luft auch an entlegene Orte verbreitet, die ansonsten kaum von Menschen besucht werden. Als Folge dessen konsumieren Menschen pro Jahr über Lebensmittel und Trinkwasser etwa 200.000 winzige Plastikpartikel, deren Auswirkungen auf die Gesundheit bisher kaum erforscht sind. Neben Plastikabfall, der auch in Deutschland nur zu 16 Prozent recycelt wird, entsteht Mikroplastik auch durch Abgase und Abwasser.
Außerdem sind Waschmaschinen beziehungsweise Kleidung aus Mikrofasern, die dort gewaschen werden eine der Hauptquellen für Mikroplastik. Dies liegt daran, dass sich während des Waschvorgangs aus den synthetischen Geweben kleinste Fasern lösen, die über das Abwasser in die Umwelt gelangen, weil auch technisch aktuelle Kläranlagen diese Plastikteilchen oft nicht herausfiltern können.
Um zu bestimmen wie viele Mikroplastikfasern beim Waschen tatsächlich freigesetzt werden, haben Wissenschaftler der Newcastle University Experimente mithilfe eines Tergotometers durchgeführt. Es handelt sich dabei um ein Gerät, das aus acht Miniaturwaschmaschinen besteht. Normalerweise wird ein Tergotometer zum Test neuer Waschmittel verwendet.
Genutzt wurde für die im Fachmagazin Environmental Science and Technology publizierte Studie ein T-Shirt aus Polyester, von dem Teile im Tergotometer mit dem gleichen Waschmittel aber mit unterschiedlichen Programmen gewaschen wurden. Anschließend wurden die Mikroplastikfasern aus dem Abwasser herausgefiltert, um zu untersuchen ob das Wasservolumen, die Umdrehungsgeschwindigkeit, die Waschdauer und die Wassertemperatur die freigesetzte Menge beeinflussen.
Max Kelly, Autor der Studie erklärt, dass „entgegen den Erwartungen festgestellt wurde, dass der Schonwaschgang am meisten Plastik-Mikrofasern ins Wasser und damit in die Umwelt freisetzt.“ Im Vergleich zum Buntwäsche-Kurzprogramm wurden im Schonwaschgang beim Waschen eines einzelnen T-Shirt-Abschnitts etwa 800.000 Mikrofasern mehr freigesetzt. Laut den Wissenschaftlern „ wurde zuvor noch nie über diese ziemlich kontra-intuitive Tatsache berichtet.“
Um die überraschenden Ergebnisse des Tergotometer-Experiments zu verifizieren, führten die Forscher anschließend Experimente mit normalen Waschmaschinen durch, die die gleichen Ergebnisse zeigten. Laut Kelly widersprechen ihre Ergebnisse, laut denen Waschmaschinen trotz der geringeren mechanischen Belastung im Schonwaschgang mehr Mikrofasern freisetzten vorherigen Studien.
Eine anschließende Vergleichsanalyse brachte schließlich die Erklärung der paradoxen Ergebnisse, die darin liegt, dass die verwendete Wassermenge wichtiger für die Freisetzung von Mikrofasern ist als die mechanische Belastung. Kelle konstatiert, dass „in den Schonwaschgängen mehr Wasser verwendet wird, um sensible Kleidung vor Schäden zu bewahren, was dazu führt, dass das Wasser mehr Fasern aus dem Material ausspült.“
Untersucht wurde in der Studie ausschließlich aus Kleidung als Polyester, es ist aber laut den Forscher sehr wahrscheinlich, dass auch andere synthetischen Textilien sich ähnlich verhalten. Kommende Studien sollen diese Vermutung noch belegen.
Als Handlungsempfehlung sprechen die Wissenschaftler sich gegen den häufig in den Medien empfohlenen Schonwaschgang zur Vermeidung von Mikrofaser-Freisetzung aus. Stattdessen sollte die genutzte Wassermenge reduziert werden, was bei Kurz- und Umweltprogrammen der Fall ist. Kelly erklärt, dass „indem wir Waschprogramme mit einem großen Wasservolumen vermeiden und die Maschinen voll beladen, alle unseren Teil dazu beitragen können, die Menge der in die Umwelt freigesetzten Mikroplastik-Fasern zu verringern.“
Außerdem appellieren die Wissenschaftler an die Hersteller von Waschmaschinen, die die Erkenntnisse in die Entwicklung neuer Modelle miteinfließen lassen sollen, um neben dem Energie- und Wasserverbrauch auch die freigesetzte Plastikmenge zu reduzieren.
Environmental Science and Technology, doi: 10.1021/acs.est.9b03022