Robert Klatt
Die höheren Temperaturen haben die Weinlese deutlich nach vorne vorschoben. Sollten sie weiter ansteigen, könnte der Wassermangel aber dazu führen, dass der Weinertrag zurückgeht.
Bern (Schweiz). Durch die steigenden Durchschnittstemperaturen, die sinkenden Regenmengen und die vermehrt auftretenden Wetterextreme und Hitzewellen hat der Klimawandel einen großen Einfluss auf die Landwirtschaft, der sich unter anderem durch sinkende Bananenernten äußert. Auch in eher gemäßigten Gegenden wie im Burgund sorgt der Klimawandel laut einer Studie der Universität Bern, die Teil der European Geosciences Union (EGU) ist, dafür der dort angebaute Wein deutlich früher geerntet werden kann.
In den letzten dreißig Jahren hat sich die Weinlese, ausgelöst durch wärmere und trockenere Sommer, in der französischen Region im Vergleich zu den davor jahrhundertelang üblichen Erntezeiten um 13 Tage nach vorne verschoben. Laut der im Fachmagazin Climate of the Past publizierten Studie werden Winzer aus diesem Grund schon bald neue Bewässerungsmethoden entwickeln und gegebenenfalls sogar ihre Rebsorten umstellen müssen.
Als Datenbasis der Studie haben die Wissenschaftler Beaune, die Weinhauptstadt der Region Burgund, gewählt, für die sie anhand von alten Zeitungsartikeln, Lohnzahlungsbelegen und anderen Dokumenten belegt haben an welchen Tagen zuvor die Weinernte begonnen wurde.
Die historischen Dokumente ermöglichten es die Weinlese des Zeitraums 1354 bis 2018, also der letzten 664 Jahre, zu rekonstruieren. Laut den Studienautoren handelt es sich dabei um die längste jemals erstellte Dokumenten von Weinerntedaten.
Die so gewonnenen Daten belegen eine Zweiteilung, die zeigt, dass bis 1987 die Weinlese typischerweise ab dem 28. September begann. Ab 1988 gab es eine deutliche Verschiebung des Weinlesebeginns auf einen im Mittel 13 Tage früheren Zeitpunkt. Verursacht wurde dies laut den Wissenschaftlern durch einen parallel stattfindenden Anstieg der Temperaturen.
Christian Pfister, Co-Autor der Studie zeigt sich überrascht darüber, dass „der Erdwärmungstrend seit Mitte der 1980er Jahre sich so gut aus den Erntedaten ablesen lässt.“ Der Beginn der Weinlese korreliert laut den Ergebnissen eindeutig mit den trockeneren und heißeren Sommern, die sich in den letzten 30 Jahren gehäuft haben.
Gleichzeitig betonen die Wissenschaftler, dass zu hohe Temperaturen einen gegenteiligen Effekt auslösen und die Reifung der Trauben verhindern. Dies zeigt sich zum Beispiel in den historischen Hitzejahren 1473 und 1540 in denen trotz Rekordtemperaturen die Weinernte deutlich später erfolgte.
Wie die Forscher schreiben, gehen sie davon aus, dass „die langen regenlosen Perioden und die hohen Temperaturen damals die Entwicklung der Trauben verlangsamten oder gar stoppten.“ Sollte die Entwicklung des Klimawandels fortschreiten, werden ähnliche Effekte, die in der historischen Betrachtung noch Einzelfälle waren in Zukunft Normalität werden, was dazu führen könnte, dass die Weinerträge abnehmen.
Climate of the Past, doi: 10.5194/cp-15-1-2019