Robert Klatt
Über Windräder existieren zahlreiche Falschinformationen und Verschwörungstheorien, etwa zu Infraschall, der den Schlaf stören soll und Schadstoffen. Eine umfassende Metastudie zeigt nun, welche der Behauptung richtig ist.
Zürich (Schweiz). In vielen Ländern verhindern oder erschweren Kritiker den Windkraftausbau, etwa im österreichischen Bundesland Kärnten, wo sich kürzlich eine Volksbefragung gegen den Bau neuer Windräder zum Schutz der Umwelt ausgesprochen hat. In Deutschland scheitert der Windkraftausbau laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) zudem oft an Verschwörungstheorien, die zu Widerstand in der lokalen Bevölkerung führen, etwa eine Verschwörungstheorie, laut der Windräder Infraschall auslösen, der den Schlaf stört.
Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) haben im Fachmagazin Joule nun eine Studie publiziert, die sich mit den Vor- und Nachteilen von Windrädern beschäftigt hat und zeigt, welche gängigen Falschinformationen es gibt.
„Wir sahen uns den aktuellen Stand der Forschung an und versuchten zu unterscheiden, wo das Bild relativ klar ist und wo es noch Hindernisse zu überwinden gibt.“
Die Informationen sollen dabei helfen, ein ganzheitliches Bild der Windkraft zu gewinnen und Falschinformationen und Verschwörungstheorien zu widerlegen. Die Öffentlichkeit und Entscheidungsträge sollen dadurch besser entscheiden können, ob sie pro oder contra Windkraft sind.
Die Forscher haben für die neue Studie 400 wissenschaftliche Studien zur Windkraft ausgewertet, deren Ergebnisse vielen populären Vorstellungen widersprechen.
„Es gab einige Ergebnisse, die populären Vorstellungen über Windkraft widersprachen.“
Als Beispiel dafür nenne die Forscher Infraschall, der laut der Bürgerinitiative „Gegen Windkraft in Kärntner Bergen“ und vielen anderen Kritikern Schlafstörungen und gesundheitliche Schäden verursachen soll. Diese Behauptung haben inzwischen zahlreiche Studien, darunter auch eine Studie des Bayreuther Zentrums für Ökologie- und Umweltforschung (BayCEER) der Universität Bayreuth widerlegt. Infraschall von Windkraftanlagen stört laut dem aktuellen Forschungsstand den Schlaf also nicht.
„Ein Beispiel ist Infraschall, Lärm mit geringer Frequenz, der oft als Problem für die Öffentlichkeit erwähnt wird, weil er Irritationen verursachen und sogar Objekte im Haus vibrieren lassen kann.“
Wie die Forscher erklären, ist die Theorie vermutlich entstanden, weil eine Studie Infraschall bei einem speziellen Modell festgestellt hat.
„Die Untersuchung wurde vor drei Jahrzehnten durchgeführt, als die ersten Prototypen gebaut wurden. Bei heutigen Windturbinen kann keine Verbindung zu niedrigfrequentem Lärm belegt werden.“
Kritiker der Windkraftwerke warnen zudem vor Schadstoffen, die aus den glasfaserverstärkten Flügeln austreten sollen. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Studien, die Belege dafür geliefert haben. Die Behauptung entstand vor allem, weil der Rechtsanwalt Thomas Mock, der ein Lobbyist für die Aluminiumindustrie gewesen sein soll, ein entsprechendes Gutachten verfasst hat. Die Forscher der ETH Zürich erklären jedoch, dass die Glasfaserflügel durchaus problematisch sind, weil sie bisher kaum recycelt werden können.
„Bei neueren Rotorblättern sieht die Situation besser aus, da die großen Hersteller jetzt ein Harz verwenden, das sich am Ende der Lebensdauer auflöst, sodass die Fasern in 20 Jahren leichter wiedergewonnen werden können.“
Außerdem sprechen sich Kritiker der Windenergie häufig gegen deren Ausbau aus, weil die Anlagen eine Gefahr für Vögel sind. Bisher gibt es noch keine Studie, die untersucht hat, wie viele Vögel und andere Tiere global durch Windkraftanlagen sterben. Laut einer Studie aus den U.S.A. töten die dortigen Windparks einige Hunderttausend Vögel pro Jahr.
Die Forscher der ETH Zürich erklären, dass Vögel deutlich öfter mit anderen menschengemachten Strukturen zusammenstoßen. Im Zeitraum von 2000 bis 2020 hatten Windkraftanlagen laut ihnen keinen signifikanten Einfluss auf die Vogelpopulationen. Es gibt jedoch einen relevanten Einfluss auf andere Tierarten, vor allem Fledermäuse.
Joule, doi: 10.1016/j.joule.2024.11.016