Informationen und Transparenz?

Windräder scheitern in Deutschland oft an Verschwörungstheorien

Robert Klatt

Windräder im Hunsrück (Deutschland) )kcotS ebodAaknI(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • In Deutschland scheitert der Bau von Windkraftanlagen oft am Widerstand in der lokalen Bevölkerung
  • Hauptverantwortlich dafür sind Verschwörungstheorien über Windkraftwerke. Demographische Faktoren wie Alter, Bildungsgrad oder die politische Orientierung beeinflussen den Widerstand hingegen kaum

In Deutschland scheitert der Bau von neuen Windrädern oft an Verschwörungstheorien. Demographische Faktoren wie Alter, Bildungsgrad oder die politische Orientierung beeinflussen den Widerstand in der Bevölkerung hingegen kaum.

Tübingen (Deutschland). In Deutschland laut dem ARD-Magazin Brisant in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 lediglich 365 neue Windkraftanlagen gebaut. Im Jahr 2021 wurden laut dem Bundesverband Windenergie e.V. (BWE) 484 Windkraftanlagen errichtet. Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, wären jedoch etwa dreimal so viele Windräder nötig. Der Bau vieler Windkraftwerke scheitert jedoch an der Bürokratie oder am Bedenken der lokalen Bevölkerung.

Eine Studie des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) hat nun untersucht, wieso Menschen gegen neue Windkraftanlagen in ihrer Region protestieren. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature fanden die Wissenschaftler dabei heraus, ob und wann Informationen dabei helfen können, die Bedenken und den Widerstand der Bevölkerung zu reduzieren.

Verschwörungstheorien über Windkraftwerke

Frühere Studien konnten bereits belegen, dass Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, oft misstrauisch gegenüber Autoritäten und Institutionen sind. Wie Kevin Winter erklärt, existieren auch über Windkraftwerke entsprechende Verschwörungstheorien.

„Falschinformationen und Verschwörungstheorien über Windräder – beispielsweise über scheinbare negative gesundheitliche Folgen – sind in sozialen Medien weit verbreitet.“

Um die Effekte dieser Verschwörungstheorien auf den Widerstand gegen neue Windräder zu untersuchen, führten die Forscher gemeinsam mit der University of Queensland eine repräsentative Umfrage unter 2.000 Deutschen durch. Sie konnten so erstmals belegen, dass der Glaube an Verschwörungstheorien entscheidend zum langsamen Ausbau der Windenergie in der Bundesrepublik beiträgt.

Bau von Windrädern am Wohnort

Das Schema der Umfrage wurde zuvor bereits in Zusammenhang mit Impfungen erprobt. Konkret untersuchten die Forscher, ob die Ablehnung von Windkraftanlagen in einem Zusammenhang mit der Weltanschauung steht, die bei Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, oft vorkommt. Im Rahmen der Umfrage sollten sich die Teilnehmer vorstellen, wie sie bei einer Abstimmung über den Bau von Windrädern in ihrem Wohnort antworten würden.

„Verschwörungsglaube hatte hier einen weitaus größeren Einfluss als demographische Faktoren wie Alter, Bildungsgrad oder die politische Orientierung.“

Informationen helfen gegen den Widerstand

Zudem analysierten die Forscher acht Studien mit insgesamt über 4.000 Teilnehmern, um zu untersuchen, wie der Widerstand gegen neue Windräder in der Bevölkerung reduziert werden kann. Sie fanden dabei heraus, dass bei vielen Menschen das Bereitstellen von Informationen zu einer deutlichen Meinungsänderung führt.

Dies trifft auch auf Menschen zu, die zuvor an Verschwörungstheorien über Windkraftwerke geglaubt haben. Wenn man die Menschen mit Hang zum Verschwörungsglauben die komplette Debatte, also auch negative Informationen zu Windkraftanlagen präsentiert, ließen sie sich aber nur schwer überzeugen.

„Unter realistischen Bedingungen scheint es also schwierig zu sein, nur mit Informationen gegen den Verschwörungsglauben anzukommen.“

Die Autoren empfehlen deshalb präventive Maßnahmen, wie etwa eine frühe Kommunikation und eine hohe Transparenz, damit Verschwörungstheorien und Falschinformationen sich in der Bevölkerung nicht weiter ausbreiten.

Nature, doi: 10.1038/s41560-022-01164-w

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