Robert Klatt
In den kommenden Jahren wollen die NASA, die ESA und auch China eine bemannte Mondbasis eröffnen. Urin der Astronauten könnte dabei in den Baumaterialien verwendet werden.
Halden (Norwegen). In den kommenden Jahren wollen die NASA, die ESA aber auch China, das die führende Raumfahrtnation werden möchte, bemannte Stationen auf dem Mond errichten. Problematisch beim Bau einer Mondbasis ist vor allem die Beschaffung ausreichender Ressourcen, die genutzt werden können, um die Astronauten vor dem Vakuum und der Strahlung auf dem Erdtrabanten zu schützen und die widerstandsfähig genug sind, um den regelmäßig einschlagenden Mikrometeoriten und den Temperaturschwankungen zu trotzen.
Aufgrund der hohen Kosten, die Transporte von der Erde zum Mond verursachen, arbeitet die Wissenschaft schon seit längerem an Methoden, die er ermöglichen sollen aus dem lunaren Regolith Baumaterial für die Gebäude herzustellen. Experimente erfolgten dabei unter anderem mit einem Solarofen, der aus dem Regolith „Steine“ brennen soll.
Außerdem existiert ein Projekt, dass Regolith als Material für einen 3D-Drucker nutzen möchte, um mit diesem Bauteile herzustellen. Bisher sind dafür allerdings Wasser und weichmachende Bindemittel nötig, die das Material beim Druckvorgang gut formbar machen und sicherstellen, dass nachher keine Bruchstellen und Risse entstehen. Grundsätzlich eignen sich dafür Naphtalen oder Polycarboxylat, diese müssten aber erst von der Erde auf den Mond transportiert werden.
Wissenschaftler der Østfold Universität haben nun im Journal of Cleaner Production einen ungewöhnlichen Ansatz vorgestellt, der die nötigen Transporte von der Erde deutlich reduzieren könnte. Statt herkömmlicher Bindemittel schlagen die Forscher vor, den Urin der Astronauten zu nutzen, weil dieser Wasserstoffbrückenbindungen aufbrechen kann und die Viskosität von wasserhaltigen Mischungen so verringert.
Laut den Studienautoren „ist es daher plausibel anzunehmen, dass Harnstoff als Weichmacher wirkt, der gleichzeitig den Wasserbedarf solcher Geopolymere verringert.“ Der Baustoffbrei würde durch die Zugabe des Harnstoffs also weniger flüssig und damit besser formbar.
Um ihre Theorie zu überprüfen, führten die Wissenschaftler Vergleichstests mit einem Regolith-Analog und den herkömmlichen Bindemitteln Naphtalen und Polycarboxylat sowie mit Harnstoff und komplett ohne Bindemittel durch. Dabei testeten sie wie gut das entstandene Material gedruckt werden kann, wie lange es zum Aushärten benötigt und wie stabil es bei ständig stark wechselnden Temperaturen bleibt.
Es zeigte sich dabei, dass der Mondstaub-Ersatz ohne Bindemittel keine brauchbaren Ergebnisse liefert und bereits vor dem vollständigen Härten Risse bildet. Die Mischung mit Harnstoff war hingegen weniger steif und spröde und konnte so deutlich besser geformt werden. Auch später blieben die mit Harnstoff gefertigten Bausteine stabil. Die Ergebnisse waren dabei laut den Wissenschaftlern auf einem vergleichbaren Niveau mit den beiden anderen Bindemitteln-
Die Studienautoren konstatieren daher, dass „Harnstoff Eigenschaften zeigt, die ihn zu einem vielversprechenden Zusatzstoff für lunare Geopolymere machen.“ Eine Mondstation auf Basis von Regolith und Regolith ist also prinzipiell möglich. Nun wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob der Harnstoff dazu erst aus dem Urin extrahiert werden muss oder ob auch der komplette Urin verarbeitet werden kann.
Journal of Cleaner Production, doi: 10.1016/j.jclepro.2019.119177